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No-Man: Mixtaped (Review)

Artist:

No-Man

No-Man: Mixtaped
Album:

Mixtaped

Medium: DVD
Stil:

Art Rock

Label: kscope
Spieldauer: 91:44 (Konzert) + 85:20 (Doku)
Erschienen: 05.10.2009
Website: [Link]

PORCUPINE TREE ist längst das kommerziell erfolgreichste Projekt, das Singer / Songwriter / Multiinstrumentalist / Produzent / Tontechniker Steven Wilson jemals zustande gebracht hat – so erfolgreich, dass sie innerhalb der Grenzen der Minderheiten-Genresparte "Progressive Rock" inzwischen als Superstars gelten. NO-MAN hingegen ist das mit Abstand ursprünglichere Projekt mit ungleich tieferen Wurzeln – und es ist nicht nur seines, das von Steven Wilson, sondern zu gleichen Teilen das von Partner Tim Bowness.

Welchen Weg NO-MAN seit ihren Anfängen als NO MAN IS AN ISLAND (EXCEPT THE ISLE OF MAN) in den späten Achtzigern genommen haben, kann in der Dokumentation "Returning" nachgeschlagen werden. Wo NO-MAN heute angelangt sind, wird im Konzertmitschnitt vom 29. August 2008 ersichtlich, als Bowness und Wilson sich die Zeit genommen haben, die Bush Hall in London mit einem seltenen Besuch zu ehren – einem der drei ersten Live-Auftritte seit fünfzehn Jahren (neben Düsseldorf und Zoetermeer / NL). Beides gibt's auf separaten DVDs verpackt in der Veröffentlichung "Mixtaped".

RETURNING: DIE DOKUMENTATION
Es passt zu NO-MAN, dass sie ihre eigene Retrospektive in Bild und Ton festhalten. Schon viele Songs des Duos sind Huldigungen an die Nostalgie und auch im Generellen versprühen die minimalistischen Arrangements den wohligen Flair des Vergangenen. Bowness ganz eigene, mitunter vielleicht etwas affektierte Stimme ist der perfekte Träger für das NO-MAN-Rückblenden-Gefühl, das von Wilsons Instrumentalisierung hier mal songorientierter, da mal ambientlastiger begleitet wird.

Der Aufbau der Dokumentation ist ein klassischer. Er beginnt bei den Anfängen – sprich, wo und wie Wilson und Bowness sich kennen- und schätzen lernten – und arbeitet sich dann in die Gegenwart vor, wobei die ersten Veröffentlichungen von Songs auf Underground-Samplern, später dann die Alben von "Loveblows & Lovecries" (1993) bis "Schoolyard Ghosts" (2008) als Eckpfeiler dienen, anhand derer man sich im Geschichtsstrahl entlang hangelt. Unterfüttert werden die Anekdoten des Narrators mit Interviews Beteiligter (u.a. Ex-Bandmitglied Ben Coleman und die Gäste Theo Travis und Chris Maitland) und Fotos aus jüngeren Jahren Wilsons und Bowness', die aus modischen Gründen gerne in der Schublade hätten bleiben dürfen, als Artefakt des gewandelten Zeitgeistes jedoch hervorragend ihren Zweck erfüllen.

Im Kontrast zur fragwürdigen Mode der Musiker wird die Zeitlosigkeit des NO-MAN'schen Art Pops nur noch offensichtlicher. Zwar hat sich das Ensemble mit zunehmender Zahl der Veröffentlichungen qualitativ verbessert, doch damals schon verwehrte man sich den Reizen von Trends, weshalb schon die frühen Werke sich der Zeit entzogen, in denen sie entstanden. Bowness' Gesang war früher etwas variabler und hatte eine Punk-Schlagseite, was in aktuelleren Produktionen nicht mehr als notwendig betrachtet wird. Das sind allerdings Wandlungen, die mit der internen Logik der Band im Zusammenhang stehen, weniger mit den Zeichen der jeweiligen Zeit.

PORCUPINE TREE-Freunde werden den Namen ihrer bevorzugten Band zwar nur an einer Stelle hören, zwischen den Zeilen können aufmerksame Beobachter allerdings viele interessante Informationen aus der Doku mitnehmen, die nicht nur NO-MAN betreffen. So wird beispielsweise erwähnt, dass sich Wilson und Bowness in der Frühphase der Band den Einflüssen von Dance, Trip- und Hip Hop geöffnet haben, unter anderem auch mit PUBLIC ENEMY – ein Einfluss, den Wilson mit PORCUPINE TREE wieder in "Fear of a Blank Planet" aufgriff. Und so vernetzen sich sämtliche Projekte Wilsons fast nebensächlich miteinander. Lobenswert ist es, dass Bowness' Werdegang jenseits von Wilsons Pfaden ähnlich gut beleuchtet wird. Insgesamt bleibt die Doku allerdings sehr nah an NO-MAN und schert nur selten aus.

Mixtaped: DAS KONZERT
"Returning" schließt mit dem Londoner Konzert, und hier ist ein flüssiger Übergang gegeben, auf die "Mixtaped" betitelte DVD zu wechseln. Dort warten eineinhalb Stunden und vierzehn Songs unter den Kronleuchtern der Bush Hall. NO-MAN sind in tiefes Blau getaucht und werden begrüßt von Menschen, die teilweise Jahrzehnte auf die Gelegenheit gewartet haben, dieses Konzert zu sehen. Die Rarität dieses Ereignisses ist durchaus spürbar, von der Routine mancher Welttouren ist die Atmosphäre weit entfernt. Bowness scheint sein Innerstes in die Songs zu legen, während Wilson eher im Hintergrund agiert und von der Kamera auch deutlich weniger beachtet wird.

Wer nun befürchtet, ein ganzes NO-MAN-Konzert sei aufgrund der Ereignislosigkeit und Zerbrechlichkeit der Stücke nicht durchzuhalten, der darf sich freuen: für die Live-Interpretation wurden die Stücke deutlich hörbar neu arrangiert. Sie alle klingen ein Stück weit energischer. Sicher, die Briten spielen immer noch keinen Speed Metal, aber die aufgeschraubte Härte im intensiveren Einsatz der E-Gitarren macht sich bemerkbar. Im Live-Gewand steht sie den Kompositionen gut zu Gesicht. NO-MAN sind live nochmals ein ganz anderes Erlebnis.

Regietechnisch sind sicher keine Wundertaten zu erwarten; auf Dauer wirkt selbst Bowness' gefühlt gefühlvoller Gesichtsausdruck etwas angestrengt und irgendwann fällt auch auf, dass Wilson im Hintergrund an seiner Gitarre zu wippen beginnt wie ein Metronom. Die Bewegung des Bildes ist nach wie vor der Pferdefuß des Mediums "Live-Mitschnitt": Die ungefilterte Live-Erfahrung vermag ein Video einfach nicht zu vermitteln. Auch die Akustik spielt hier natürlich nicht hundertprozentig mit, doch gibt sie zumindest einen Eindruck davon, was die Menschen im Saal gefühlt haben müssen. Wohl jedem, der auch physisch dabei war.

FAZIT: Sehr lohnender Kombi-Mix aus Live-Gig und Doku, der zu NO-MAN passt wie die berühmte Faust aufs Auge. Sicher würde man sich ein ähnlich dick geschnürtes Paket auch mal für PORCUPINE TREE wünschen (immerhin ist gerade mit "Anesthetize" die zweite Live-DVD erschienen), doch die Wilson-Bowness-Band stellt unter Beweis, dass sie einen Blick zurück in die Geschichte wert ist. Einen solchen Blick riskieren können alle Fans der Band und Musikinteressierte, die offen für alles sind oder sich besonders für die Art Rock-Undergroundszene im England der frühen 90er interessieren. Es wird empfohlen, zuerst die Dokumentation und anschließend das Konzert zu sehen, so gleitet man bequem von der Vorberichtserstattung ins eigentliche Ereignis hinein. Einige Boni (Fotogalerie, alle Musikvideos von 1990 bis 2009, Chronologie, gelöschte Szenen) gibt es inklusive.

Sascha Ganser (Info) (Review 5412x gelesen, veröffentlicht am )

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Tracklist:
  • Only Rain
  • Time Travel In Texas
  • All Sweet Things
  • Pretty Genius
  • All The Blue Changes
  • Truenorth
  • Wherever Is The Light
  • Days In The Trees (Version)
  • Lighthouse
  • Carolina Skeletons
  • Returning Jesus
  • Mixtaped
  • Things Change
  • Watching Over Me

Besetzung:

Alle Reviews dieser Band:

Interviews:
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